Werke
Die Drachenprinzessin
Die Rückkehr der Eisriesen
»Danke«, sagte er noch, als er sich bereits zum Gehen wandte. »Wofür?«, fragte Aemiliana. Er blieb stehen und sah über die Schulter zurück. »Du hast uns in Schutz genommen. Das hat bisher kaum einer für uns getan. Die Menschen hassen uns.« »Kannst du es ihnen verübeln?« »Nein.« »Ich auch nicht. Aber es ist einfach an der Zeit, alte Feindschaften zu begraben. Nur so können wir den Kampf gegen Morla gewinnen.«
Aemiliana war verzweifelt, denn eine scheinbar unlösbare Aufgabe lag vor ihr. Morlas Stärke wuchs und das Land starb immer mehr unter ihrer Herrschaft. Zehn Völker, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, litten darunter. Gemeinsame Geschichten, in denen sich ihre Wege kreuzten, hatten sie entzweit und raubten ihnen so die Chance auf den Sieg.
Kann Aemiliana sie überzeugen, die Vergangenheit ruhen zu lassen und vereint in den Krieg gegen Morla zu ziehen? Oder wird sie scheitern und das Böse obsiegen?
Leseprobe
Bergelmir trat vor den Thron und neigte leicht den Kopf. Tjure war sein Sohn, doch wenn er auf diesem Thron saß, war er der König der Eisriesen und Bergelmir musste sich ihm unterordnen. Das wusste auch Faennarthan.
Tjures Miene war wie eine eisige Maske. Sie verriet nichts darüber, was er von der Anwesenheit des Drachen hielt.
»Unser Freund, Faennarthan ...«
»Schließe nicht von dir auf alle Eisriesen!«, unterbrach ihn Tjure mit eisigem Ton.
Faennarthan war sich nicht sicher, aber für einen Moment glaubte er, einen Anflug von Verärgerung auf Bergelmirs Gesicht zu sehen. Doch kurz darauf erstarrte es zu derselben Maske, die auch sein Sohn aufgesetzt hatte.
»Faennarthan ist gekommen, um dir ... um uns ein Anliegen zu unterbreiten«, fuhr Bergelmir fort.
»Dann sprich«, richtete sich Tjure nun an Faennarthan, der hinter Bergelmir gestanden hatte und jetzt einen Schritt vortrat.
»In Laingladhdôr herrscht Krieg ...«, setzte Faennarthan an, wurde jedoch von Tjure sofort wieder unterbrochen.
»Du brauchst nicht weiterzusprechen, denn ich kann bereits erahnen, weswegen du gekommen bist. Dieser Krieg ist nicht der unsere.«
»Es wird aber bald euer Krieg sein, denn wenn Morla die Herrschaft über Laingladhdôr erlangt hat, wird sie sich neuen Regionen zuwenden und mit Sicherheit auch nach Jotunheim kommen.«
»Dann soll sie kommen. Wir werden ihr die Kraft der Eisriesen zeigen und sie das Fürchten lehren.«
»Heißt das, dass ihr uns nicht helfen werdet?«
»Genau das heißt es!«
Tjure stand auf und verließ den Platz, um zu demonstrieren, dass für ihn das Gespräch beendet war.
»Du unterschätzt Morla«, rief Faennarthan Tjure nach. »Dunkle Magie gibt ihr eine Kraft, die auch die Eisriesen in die Knie zwingen wird.«
Tjure blieb abrupt stehen und drehte sich zu Faennarthan um. Mit grimmigem Gesicht und verengten Augen fixierte er den Drachen.
»Niemand zwingt die Eisriesen in die Knie«, sagte er mit donnernder Stimme, die den Boden unter Faennarthans Füßen erzittern ließ.
Dann wandte er sich um und stapfte davon.
»Das war nicht besonders klug«, sagte Bergelmir leise, aber tadelnd zu Faennarthan.
»Vielleicht«, entgegnete er ihm. »Aber die Wahrheit.«
Faennarthan stand da und sah Tjure hinterher. Er hatte genug über das impulsive Wesen von Bergelmirs Sohn gehört, war aber trotzdem enttäuscht und seine Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges schwand.